Die Metapher als textkonstituierendes Element in der Presse. Eine Korpusanalyse zum Thema Klimawandel

Einleitende Bemerkungen

Der Metapherbegriff wurde in der klassischen Rhetorik geprägt. Aristoteles definiert die Metapher bekanntlich als «die Anwendung eines Namens, der zu etwas anderem gehört. Die Übertragung geschieht auf ein Ding, von der Gattung auf die Art, von der Art zur Gattung, von Art zu Art oder proportional» (Aristoteles XXI,4)1.

Auch in neuerer Zeit wird die Metapher vom aristotelischen Ansatz ausgehend betrachtet, wie eine der vielen gegenwärtigen Definitionen (Baumgarten 2007: 20) bestätigt: «Metapher (translatio). Übertragung: Der eigentliche Ausdruck wird durch einen anderen ersetzt, der aus einem anderen Sachbereich stammt. Die beiden Ausdrücke stehen in einem Vergleichsverhältnis […]». Metaphern sind also sprachliche Phänomene/ Bilder, die auf einer Ähnlichkeitsbeziehung zwischen zwei Gegenständen, bzw. Begriffen beruhen. Die Bezeichnungsübertragung findet dabei auf Grund gleicher oder ähnlicher Bedeutungsmerkmale statt.

Metaphorische Übertragungen bilden sowohl Teil unserer Alltagssprache, als auch der unterschiedlichen Fachsprachen mit ihren hochspezialisierten Textsortenbereichen, darunter der Pressesprache, von der im Folgenden die Rede sein wird. Für beide Bereiche, Alltags- wie Fachsprachen, wie auch für denjenigen der literarischen Sprache (eine Ebene, deren Einbezug den Rahmen dieser Arbeit sprengen würde) gilt gleichermaßen: Metaphern stehen nicht wirklich für sich alleine, sie sind vielmehr immer in sprachlich-situative Kontexte2 und konkrete Textexemplare eingebettet.

Textlinguistik und Pressesprache

Die in den 60-er Jahren des 20. Jahrhunderts als neue Disziplin aufgekommene Textlinguistik betrachtet alle originären sprachlichen Zeichen als konstituierende Elemente in den Texten, in denen sie kohäsive und kohärente Netze bilden (Hepp, Malloggi 2020: 5). Für die Textlinguistik wiederum sind die Textsorten3 fundamental, sie bilden die «für das praktische Handeln der Individuen relevanten Basisklassen der Kommunikation» (Heinemann, Heinemann 2002: 156).

Jeder Text ist normalerweise in eine bestimmte kommunikative Situation eingebettet und kann eine oder mehrere Kommunikationsfunktionen erfüllen. Diese Kommunikationsfunktionen werden „Textfunktionen“ genannt; sie drücken den Zweck und die Intentionalität eines Textes aus. Brinker (2014: 106-121) hat fünf verschiedene Textfunktionen zusammengestellt, d.h.: Informationsfunktion, Appellfunktion, Obligationsfunktion, Kontaktfunktion und Deklarationsfunktion, wobei normalerweise die Textsorten und einzelnen Textexemplare nicht nur durch eine Funktion, vielmehr durch Haupt- und Zusatzfunktionen gekennzeichnet sind.

Parallel zu Brinker stellt der Medienlinguist Lüger (1995: 66-76) die Textfunktionen speziell für den Bereich der Pressesprache zusammen und identifiziert dafür folgende fünf Grundtypen, die jeweils auf der Klassifikation der Pressetexte beruhen:

  1. Informationsbetonte Texte: die entsprechenden Zeitungstexte haben primär die Verbreitung der Informationen über Sachverhalte zum Ziel. Der Leser4 soll einen bestimmten Sachverhalt zur Kenntnis nehmen.
  2. Meinungsbetonte Texte: Es geht um Texte, die eine Einschätzung, eine Kommentierung zum Ausdruck bringen. Im Zeitungskommentar kann die Journalistin einen Sachverhalt oder ein Geschehen durch ausgewählte wörtliche Ausdrücke subjektiv gewichten und in ihre Bewertung eine positive oder negative Perspektive einbringen.
  3. Auffordernde Texte: In diesem Fall geht es nicht mehr um eine Bewertung eines bestimmten Sachverhalts wie für die meinungsbetonten Texte, sondern um einen direkten Appell an den Empfänger für das Einnehmen einer bestimmten Haltung oder die Ausführung einer bestimmten Handlung. Das Ziel dieser Texte ist Meinungs- und Handlungsbeeinflussung und eine entsprechende Reaktion des Empfängers.
  4. Instruierend-anweisende Texte: Normalerweise sind diese Texte durch eine zweiteilige Struktur gekennzeichnet, d.h. den Ausgangspunkt, der entweder eine nachteilige oder vorteilige Darstellung einer bestimmten Situation zur Verfügung stellt, und den Hauptteil, der auf die Vermittlung von Maßnahmen und Handlungen fokussiert. Diese Textklasse ist durch einen konditionalen Zusammenhang charakterisiert und sie teilt einige Merkmale mit den informationsbetonten Texten.
  5. Kontaktorientierte Texte: Durch die sprachlich realisierte Kontaktaufnahme soll die Aufmerksamkeit der Leser auf ein bestimmtes Informationsangebot gelenkt werden.

Die Modelle von Brinker und Lüger können gut verbunden werden, indem den Textklassen 1) und 4) die Informationsfunktion zugeschrieben wird, den Textklassen 2) und 3) die Appellfunktion, der Textklasse 5) die Kontaktfunktion. Die Appell- und Kontaktfunktion sind teilweise verbunden, was neben der Wahl der Wörter und Syntaxformen auch durch graphische Mittel, d.h. die Verwendung von ausgewählten Bildmaterialien, die eine objektive Information überschreiten, geschieht. Beide Textklassen zielen darauf ab, die Aufmerksamkeit und das Interesse der Leser zu erzeugen.

Die fünf Textklassen nach Lüger umfassen unterschiedliche journalistische Textsorten (TS), darunter vor allem die TS Meldung, Nachricht, Kommentar, Bericht, Reportage, Interview und Glosse. In der vorliegenden Arbeit beschäftige ich mich mit der TS Nachricht. Mein kleines, aber repräsentatives Korpus besteht aus zehn Zeitungsnachrichten, die der Online-Fassung der Frankfurter Allgemeine Zeitung FAZ.NET entstammen. Die im Korpus auftretenden Metaphern erfassen aktuelle Themen im Umfeld des Klimawandels, worauf später näher eingegangen wird.

Die Zeitungsnachrichten gehören zu der Textklasse der informationsbetonten Texte. Laut Lüger (1995: 94-108) unterscheiden sie sich in zwei Unterkategorien, d.h.: die harten und die weichen Nachrichten. Die harten Nachrichten werden als die klarste Informationsaufgabe des Mediums betrachtetet, sie streben danach, die Informationen eines Sachverhalts in einer knappen und objektiven Weise zu vermitteln. Um dieses Ziel zu erreichen, folgen die harten Nachrichten relativ festen Prinzipien des Textaufbaus: Sie sind normalerweise durch eine Textbildung gekennzeichnet, die als top-heavy-form oder inverted pyramid bezeichnet wird. In der umgekehrten Pyramide kommt das Wesentliche, das Neue zuerst.  Die neuen, wichtigsten Informationen stehen schon im Titel und im Vorspann (Lead); im Haupttext (Body) folgen Zusatzinformationen und Einzelheiten, ebenfalls in abnehmender Wichtigkeit.

In Abb. 1 wird ein Text-Incipit aus meinem Korpus im Schema der Pyramide dargestellt. Der Lead-Teil ist fett markiert:

Um ihre wesentlichen Ziele – d.h.: Information zu komprimieren, Sachverhalte unter verschiedenen Aspekten einzuordnen und Kommunikationsgegenstände genau identifizierbar zu machen – zu erreichen, sind harte Nachrichten durch die folgenden sprachlichen Merkmale gekennzeichnet (Lüger 1995: 101):

  • die Verwendung von aus Verben abgeleiteten Nomina
  • die Bildung komplexer Sätze mit zusätzlichen Attribuierungen und präpositionalen Angaben
  • eine hohe Frequenz von Adverbien, Partizipien und meist nicht steigerbaren Adjektiven.

Normalerweise behandeln die harten Nachrichten politische, wissenschaftliche oder kulturelle Begebenheiten; die weichen Nachrichten dagegen die Darstellung von Unglücksfällen, Verbrechen, Naturkatastrophen, Skandalen und Einzelheiten aus dem Leben bekannter Persönlichkeiten.

In den weichen Nachrichten spielen die Texteröffnung und der Textschluss eine zentrale Rolle. In den Texteinleitungen werden häufig originelle Ereignisse, markante Zitate oder humorvolle Gags angerissen, um das Interesse der Leser zu erwecken. Diese besonderen Ereignisse werden in der Regel aber nicht im Detail dargestellt, um die Spannung bei den Lesenden zu erhalten. Typisch für den Textschluss einer weichen Nachricht ist die Verwendung von humorvollen Bemerkungen, Redewendungen oder resümierenden Formeln, um eine abschließende Pointe zu erzeugen. Im Unterschied zu den harten Nachrichten steht der Intentionstyp „informieren“ nicht im Vordergrund; die weichen Nachrichten fokussieren nicht nur auf die Vermittlung der Informationen, sie spielen vielmehr mit der Vielfältigkeit des Themas, indem sie eine Reihe von Zusatzhandlungen mit einbringen. Außerdem «sind die weichen Nachrichten temporal strukturiert, d.h. die Anordnung der Textsegmente orientiert sich an realen Ereignisabläufen» (Lüger 1995: 105).

Aus diesem Grund werden die folgenden Verknüpfungsformen häufig verwendet: Zeitadverbiale, Signale der Erzählfolge, temporale Konjunktionen und zum Schluss die Verwendung der Tempora der Vergangenheit. Weitere Mitteln, die besonders typisch für diese Art von Nachrichten sind:

  • die Nutzung rhetorischer Figuren
  • die Aufnahme direkter Rede
  • Ironiesignale

Nach Lüger ist der wichtigste Unterschied zwischen harten und weichen Nachrichten die Objektivität/Neutralität. Die harten Zeitungsnachrichten stellen die Sachverhalte in einer objektiven Art dar und konzentrieren sich auf die Vorbereitung der Informationen, während die weichen Nachrichten eine subjektive Darstellung eines Ereignisses durch die obengenannte Mittel zur Verfügung stellen. Die weichen Nachrichten nähern sich damit dem Zeitungskommentar an, werden aber noch separat von diesem gesehen.

Mein Korpus besteht aus Zeitungsnachrichten, die eine Mischform darstellen, wie sie für die heutige Presselandschaft charakteristisch ist: sie enthalten im Kern typische Themen der harten Nachricht (z.B. K1 „das Erreichen der CO2-Neutralität“, K3 „das wissenschaftliche Phänomen der Eruption von Lavaströmen“, K4 „die Demonstrationen gegen die Tatenlosigkeit der Konferenz Cop26“, K8 „die politische und klimatische Situation in der USA“ usw.), sind aber alle durch die sprachlichen Merkmale der weichen Nachricht gekennzeichnet.

Metapher und Wortbildung

Unsere Welt ist in einer beständigen Entwicklung begriffen. Um neue Sachverhalte, Gegenstände und Zustände zu beschreiben, benötigen wir entsprechend ständig neue Wörter und Benennungen.

Der Wortschatz einer Sprache stellt kein festes, stabiles Inventar dar, er wird vielmehr ständig erweitert oder variiert (Weinrich 1993: 913). Dafür stehen zwei Haupt-Verfahren zur Verfügung: Einerseits können existierende Sprachzeigen, die schon zum Wortschatz einer Sprache gehören, mit einer neuen Bedeutung verbunden werden. Hier spielen die Metaphern eine wichtige Rolle, weil durch den Prozess der Übertragung eine ursprüngliche Bedeutung zu einer neuen Bedeutung verschoben oder erweitert werden kann. So wird z.B. Strom ›großer Fluss‹ zu Strom ›elektrischer Fluss‹, wobei nach erfolgter semantischer Übertragung beide Bedeutungen nebeneinander bestehen bleiben, wie es in den meisten Fällen geschieht. Andererseits kann der Wortschatz sich vergrößern, indem durch Wortschöpfung neue Lexeme geschaffen werden, wie etwa Gas, das sich an das griech. Chaos anlehnt. Quantitativ gesehen ist die Produktion völlig neuer Wortstämme und Lexeme heute eher selten der Fall. Als quantitativ höher für diese zweite Gruppe ist dagegen das Verfahren der Wortbildung zu betrachten, «das wichtigste Instrument zur Erweiterung des Wortschatzes einer Sprache» (ebd.).

Die Lexeme, die durch das Verfahren der Wortbildung realisiert werden, können in eine Skala zwischen „Motiviertheit“ und „Demotiviertheit“ eingeordnet werden. Das in einem Kontext spontan gebildete Lexem ist immer motiviert. Tatsächlich ist die Bedeutung des Lexems für die Hörer verstehbar, weil diese Bildung schon im Gedächtnis der Hörer gespeichert ist. Wenn ein Lexem in einem neuen sprachlichen oder situativen Kontext gebildet wird, geht der Zusammenhang zu dem ursprünglichen Kontext verloren. Das Lexem wird mit einer neuen, festen Wortbedeutung assoziiert und im Lexikon der Sprache aufgenommen (Weinrich: 1993: 914).

Metaphern als Bestandteil der Pressesprache: eine Korpusanalyse

Die Metaphern durchziehen die Pressetexte im zusammengestellten Korpus (K1 bis K10) zum einheitlichen Thema „Klimawandel“ auf vielfältige Weise. Im Folgenden konzentriere ich mich auf die Titelmetaphern und betrachte ihre Vernetzung durch den gesamten Fließtext, d.h. ihre Fähigkeit, thematische Isotopieketten aufzubauen.

Im Titel der ersten Zeitungsnachricht (K1) tritt eine innovative Substantivmetapher, bzw. eine Kompositummetapher5 auf, d.h. Klima-Hypothek. In diesem Fall wird der Zielbereich Klima durch den Ursprungsbereich Hypothek bestimmt und auch durch das vorangehende Adjektiv schwere näher beschrieben.

Normalerweise wird das Lexem Hypothek in der Wirtschaft, genauer im Immobilienbereich, benutzt. In K1 dagegen wird die lexikalische Bedeutung des Lexems metaphorisch verschoben: Die Erde wird als ein Haus, genauer gesagt als unser Haus, betrachtet, das überhaupt nicht gut geführt wird. Wegen des zerstörerischen menschlichen Verhaltens müssen die künftigen Regierungen (und damit auch wir selber und unsere Nachfahren) eine schwere Hypothek für unser Erd-Haus leisten, d.h. eine hohe Rechnung für die von uns verursachten Klimaschäden bezahlen.

In der Titelmetapher des Korpusbeispieles 1 (K1) Klima-Hypothek wird die erste und thematisch wichtigste Isotopiekette6 eingeführt. Die erste Isotopiekette wird aus vielfältigen lexikalischen und syntaktischen Elementen zusammengestellt, die fast exklusiv als Paraphrasen betrachtet werden können, wie die graphische Darstellung zeigt.

 

Die zweite Isotopiekette, die im Korpusbeispiel 1 (K1) auftritt, wird durch eine andere Titelmetapher eingeführt, d.h.: „CO2-Preis als Fundament der Klimaneutralität“. In diesem Fall wird die Klimaneutralität als ein Gebäude berücksichtigt, dessen Fundamente aus dem CO2-Preis bestehen. Die Realisierung der Klimaneutralität wird nur durch den CO2-Preis in Frage kommen, der durch eine als-Metapher7 im Text eingeführt ist. Zu der zweiten Isotopiekette gehören verschiedene Elemente, wie die Abbildung 3 zusammenfasst.

Zwischen den beiden Isotopieketten existiert eine enge Verbindung, durch welche die Vernetzung des Fließtextes verstärkt wird. Die „schwere Klima-Hypothek“ besteht aus Elementen menschlich zerstörerischer Handlungen, während der CO2-Preis als eine Lösung für die Emissionsverminderung der Treibhausgase betrachtet werden kann.

Ein anderes wichtiges Beispiel, das die Fähigkeit der Titelmetaphern, Isotopiekette zu bauen, unterstreicht, liegt im Titel der sechsten Nachricht (K6) vor: Das Fundament der Welt . Die Bedeutung ist folgende: „Das Fundament der Welt wird zum Feindbild“. In diesem Fall wird die Welt als ein Gebäude betrachtet, während der Zement für das Fundament der Welt steht. Der Zement wird nämlich als die Basiseinheit bzw. „das Fundament“ für die moderne Welt betrachtet, da ja tatsächlich die meisten Gebäude aus Zement gebaut sind.

Der Titel führt zwei Isotopieketten ein, als deren erste man den Zement betrachten kann, der durch die Metapher „Fundament der Welt“ eingeführt ist. Die Isotopiekette 1 besteht aus verschiedenen Lexemwiederholungen, die folgendermaßen zusammengefasst werden können:

Die zweite Isotopiekette dagegen wird durch das Lexem „Feindbild“ eingeführt. Sie beschäftigt sich mit den klimatischen Konsequenzen, die durch den Gebrauch und die Produktion des Zements verursacht werden. Wegen dieser klimatischen Konsequenzen wird der Zement als Feindbild betrachtet. Zur zweiten Isotopiekette „Feindbild“ gehören die in der folgenden Abbildung zusammengefassten lexikalischen Elemente.

Die beiden Isotopieketten sind eng miteinander verbunden. Das Hauptthema der ersten Isotopiekette ist natürlich der Zement, der heutzutage zum Feindbild geworden ist.

Die Produktion und der Gebrauch des Zements verursachen ein enormes Ausmaß an CO2-Emission und weitere negative klimatische Konsequenzen, die dem Gemisch Zement die Zuschreibung „Feindbild“ geben.

Die beiden Beispiele weisen darauf hin, dass die Metaphern, insbesondere Titelmetaphern, eine zentrale Rolle für den Aufbau eines kohäsiven und kohärenten Textes spielen. In diesen Fällen haben die Titelmetaphern die Bausteine für die Entwicklung des ganzen Textes gesetzt und ihre Strukturen determiniert.

Metaphern und die Meinungsbeeinflussung

Die Metaphern bilden nicht nur Aufmerksamkeitssignale in den Texten, vor allem in den Titeln und im Lead, sie nehmen vielmehr in allen Vorkommen eine wichtige Rolle für den Aufbau von Textkohärenz ein, bilden thematische Isotopieketten über alle Zeitungsartikel hinweg und stellen den roten Faden für das Textthema dar.

Zudem sind die Metaphern wie wenige andere Sprachzeichen in der Lage, das Wahrnehmen der Leser hinsichtlich eines Ereignisses, eines Zustands oder einer Nachricht zu beeinflussen. Die Wahl einer spezifischen metaphorischen Konzeptkombination spielt nämlich eine wesentliche Rolle in der Beeinflussung der Leser, weil diese Wahl eine Perspektive (im vorliegenden Fall von Seiten des Journalisten) einführt, die eher positiv oder negativ gewichtet sein kann.

Das Verfahren der Interpretation metaphorischer Ausdrücke wiederum ist ein Prozess, der ganz individuell von dem Leser entwickelt werden muss.

Als ein Beispiel können wir die metaphorischen Ausdrücke analysieren, die sich in meinem Korpus zum Thema Erderwärmung befinden.

Die folgenden metaphorischen Ausdrücke:

  • Instrumente im Kampf gegen die Erderwärmung (A1)
  • Die Menge marschiert (A4)
  • Mitstreiterin (A4)
  • Tempo im Kampf gegen die Klimakrise (A4)
  • Durchbrüche bei den Klimahilfen (A4)
  • Zement soll deshalb im Kampf gegen den Klimawandel eine wichtige Rolle spielen (A6)
  • Ihren Hut in den Ring zu werfen (A7)
  • Umkämpften Klimapolitik (A7)
  • Globale Führungsrolle in der Bekämpfung der Klimaerwärmung zu erobern (A8)
  • Arbeiter und Leute zurückzuerobern (A8)

bezeichnen die Erderwärmung als einen Feind, der entschieden bekämpft werden muss. Das abstrakte Konzept der Erderwärmung wird darin durch das konkrete Konzept des Krieges veranschaulicht und mit einer negativen Perspektive dargestellt. Sie erlauben den Lesern die vielfältigen „Nuancen des Lebens“ aufzufassen. Aus diesem Grund können die Metaphern als grundlegende Bausteine für die Textkonstitution und – rezeption in Zeitungsartikeln betrachtet werden.

Im Bereich des Textverstehens haben sie die Fähigkeit alles zu vereinfachen, verständlicher darzustellen und die geistige Vorstellungskraft zu erhöhen. Metaphern geben den Lesern die Möglichkeit, komplizierte und abstrakte Konzepte zu verstehen.  «Sie haben kein Geländer» (Hanna Arendt): sie belassen die Freiheit der Interpretation, werden dabei aber vom Kontext aufgefangen und in ihrer literalen Bedeutung gestützt.

Bibliografia

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Sitografia

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Note

  1. zit. nach dem „Philosophie Lexikon der Argumente online“, Lemma „Metapher“.
  2. «Ein Löwe stürzte auf ihn» (Skirl/ Schwarz-Friesel: 2013: 11). In diesem Fall wird der metaphorische Ausdruck als gekürzter Vergleich beschrieben, d.h.: „Wie ein Löwe stürzte er auf ihn“. Die Eigenschaften, die sich normalerweise auf den Löwen beziehen, werden hier einer Person zugerechnet und deswegen metaphorisch verstanden.
  3. Nach Heinemann/Heinemann (2002: 140) ist für Textsorten grundlegend: «bestimmte konkrete Textexemplare können bestimmte Merkmale aufweisen, die es rechtfertigen, sie aus praktischen Gründen zu einer Klasse von Texten, vorläufig „Textsorten“ genannt, zusammenzufassen. Die konkreten Textexemplare sind folglich gleichfalls Repräsentanten einer solchen Klasse (also z.B. der Textsorte Kochrezept), und umgekehrt erweist sich der Begriff „Textsorte“ letztlich als ein kognitives Phänomen, als ein auf einer bestimmten Menge von übereinstimmenden Merkmalen basierender Operator für Zuordnungsoperationen der Individuen; und als Ergebnis dieser kognitiven Operationen ergibt sich dann die Zusammenfassung einer bestimmten Menge konkreter Textexemplare zu einer (Text-)Klasse».
  4. In dieser Arbeit werden aus Gründen der Sprachökonomie die maskulinen und femininen Formen abwechselnd gesetzt, wobei jeweils alle Genderformen mitgemeint sind.
  5. Die Kompositummetaphern sind durch die Form X+Y gekennzeichnet, bei deren normalerweise (aber nicht immer) das erste Nomen (X) für den Zielbereich und das zweite Nomen (Y) für den Ursprungsbereich steht (Skirl/ Schwarz-Friesel: 2013: 22).
  6. Laut Greimas (1971: 45) kann eine Äußerung oder irgendeine Wortfolge in einem Text „Isotop“ genannt werden, wenn sie als Bestandteil mehrere Klasseme hat.  […] Die Verbindungen zwischen semantischen lexikalischen Einheiten eines Textes bilden einzelne Isotopieketten/Topikketten und die Totalität der Isotopieketten gründet das Isotopienetz eines Textes.
  7. Die als-Metaphern sind durch die Form X als Y gekennzeichnet sind. Das Nomen, das sich hinter der Konjunktion „als“ befindet, bezieht sich (normalerweise) auf den Ursprungsbereich (Skirl/ Schwarz-Friesel: 2013: 24).
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